Ich befinde mich derzeit in New York und war heute zum ersten Mal in der Stadt unterwegs. Dabei habe ich an einem Seminar von Jeff Cable im Event Space von B&H Photo Video teilgenommen. Im Seminar ging es darum, welches zur Zeit die schlimmsten fünfzehn Fehler beim Fotografieren sind. Ich werde an dieser Stelle nicht alle Fehler nacherzählen, denn das Video zum Seminar wird in Kürze auf Youtube zu sehen sein und ich werde das Video mit dem Artikel zu gegebener Zeit verlinken. Vielmehr habe ich mir ein paar Gedanken darüber gemacht, in welcher Beziehung die Fehler zu dem Sommer der Selfies stehen. Dabei fällt auf, dass es einige “klassische” Fehler gibt, die auch bei Selfies Einzug halten. Ich möchte mich hierbei rein willkürlich auf zehn Aspekte konzentrieren, denn die Liste könnte man um etliche Punkte erweitern.
- Der Fokus. Nutzer kaufen sich fortgeschrittene Kameras, aber sie nutzen zumeist nie deren Fähigkeiten. So erwarten viele Nutzer offenbar, dass ein Autofokus “intelligent” dafür sorgt, dass immer der richtige Bereich im Bild fokussiert ist. Für ein gutes Bild ist jedoch immer auch menschliche Intuition gefragt. Daher ist es ratsam, den Fokus niemals automatisch durchzuführen, sondern einen Punktfokus zu wählen und diesen manuell zu platzieren. Dies ist für Selfies jedoch kaum möglich, da man nicht gleichzeitig die Fokussierung und das Selfie steuern kann. Es erklärt, weshalb sehr viele Selfies unscharf wirken.
- Bei Portraits sollte man den Fokus auf die Augen richten. Bei einem erheblichen prozentualen Anteil der Bilder liegt der Fokus auf einem Objekt im Hintergrund oder auf der Nase, so dass die Augen unnatürlich verschwommen wirken. Besser ist es nahezu immer, auf die Augen zu fokussieren.
- Der Abstand von Kamera zu Objekt (meist also dem Gesicht) ist aufgrund der Armlänge zu sehr eingeschränkt. Dies führt oftmals zu verzerrten unnatürlich erscheinenden Gesichtern. Es wird den Teilnehmern des “Sommers der Selfies” nicht gefallen, aber: besser ist es, die Kamera weiter weg zu platzieren und dann wiederum vom Objekt genügend Abstand zum Hintergrund des Bildes zu behalten (siehe nächster Punkt).
- Menschen stellen sich zu oft vor ungeeignete Hintergründe. So sollte man sich fragen: macht ein Selfie vor einem Parkplatz oder eine Reihe von Mülltonnen wirklich viel Sinn? Besser ist es, sich umzuschauen: nach links, nach rechts, nach oben und nach unten. Gibt es hier einen geeigneten Hintergrund für das Bild?
- Ähnlich wie bei der Hintergrundsuche, kann man sich beim Umschauen auch Gedanken darüber machen, ob ein Perspektivwechsel lohnenswert wäre. Müssen Bilder immer aus der Augenhöhe von Erwachsenen geschossen werden? Würde sich eventuell ein Wechsel auf die Ebene eines Kindes oder weiter nach oben lohnen?
- Der Abstand zwischen Objekt und Hintergrund ist zumeist zu kurz. Wenn man dann noch eine recht starke Lichtquelle hat, werden dadurch sehr starke Schatten geworfen, was zum einen nicht gut aussieht und zum anderen dazu führt, dass man das Objekt später schlecht freistellen kann.
- Es gibt sicherlich auch in diesem Bereich lohnende Ausnahmen, aber Selfies vor einem stürzenden Horizont gehen gar nicht.
- Wenn eine größere Gruppe von Menschen fotografiert werden soll und diese räumlich hintereinander steht, ist es in der Regel hilfreich, den Fokus auf die mittlere Reihe zu setzen und eine etwas höhere Blende zu wählen. Wird die Blende zu niedrig gesetzt, so erscheinen die Menschen in den vorderen und hinteren Reihen zu unscharf.
- Hobbyfotografen kaufen sich teure Objektive und glücklicherweise auch die dazu passenden Sonnenblenden, aber sie nutzen sie nicht bzw. lassen sie verkehrt herum auf dem Objektiv. Sonnenblenden haben einerseits, insofern sie richtig auf dem Objektiv sitzen, den Vorteil, dass sie ungewünschtes Streulicht abwehren. Andererseits sind sie ein vergleichsweise billiger Schutz des Objektivs, falls die Kamera runterfällt.
- Viele Fotografen sind zu sehr auf die technischen Aspekte fokussiert und vergessen dabei, dass Kreativität fast immer die technischen Meisterwerke aussticht. Es ist sicherlich wichtig, die Regeln zu kennen, aber Künstler halten sich nicht an Regeln, sie brechen sie!
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