Nachdem ich den #UpInTheAir Wettbewerb gewonnen hatte, berichteten der Gießener Anzeiger und die Gießener Allgemeine darüber. Beim Anzeiger gab ich ein Exklusivinterview. Die Resonanz auf deren Artikel muss hoch gewesen sein und so kam die Journalistin in den folgenden Tagen auf mich zurück, da sie weitere Artikel zum Thema “Chancen und Risiko von Drohnen” schreiben wollte. Ich habe diese Fragen anders als beim ersten Interview aufgrund der Komplexität schriftlich, aber dennoch sehr zeitnah beantwortet:
Wie sicher ist das Drohnen fliegen? Wie streng sind die Auflagen?
Zunächst einmal sprechen wir von Quadcoptern und nicht Drohnen. Quadcopter fliegen ist sicherer als man denkt. Medien berichten allerdings immer nur über die nicht alltäglichen Begebenheiten und das bleibt zumeist bei den Lesern hängen. In jedem Lebensbereich gibt es Regelverstöße. Die Frage ist, wie man diese bewertet und ahndet. Zudem gibt es schon immer eine diffuse Angst vor modernen Techniken. Auch wenn die Systeme immer sicherer und redundant ausgelegt werden, bedarf ein sicherer Quadcopterflug allerdings einer sehr guten Vorbereitung und kein blindes Vertrauen in die Technik.
Beim Auto hatten wir in Deutschland 2017 3177 Verkehrstote und 388 200 Verletzte. Wenn man einmal den Führerschein gemacht hat, benötigt man alle zwei Jahre die ASU und TÜV. Wie viele Leser inspizieren vor jeder Fahrt allerdings zusätzlich Ihr Auto? Quadcopterpiloten machen dies vor jedem Flug.
Bei Quadcoptern über 2kg ist ein Kenntnisnachweis Pflicht. Ich habe bei safe-drone.com (von Lufthansa Technik) deren kostenlose Schulung absolviert. Ich würde es befürworten, wenn ein kostengünstiger oder gar kostenloser Onlinetest für alle Quadcopterpiloten verpflichtend würde, denn leider beobachte ich als Flieger seit 2014 auch sehr viel Unwissenheit und ab und zu auch gefährliches Handeln, wie allerdings auch in anderen Lebensbereichen. In Gießen habe ich zwei Mal beobachtet, wie ungeübte Quadcopterpiloten am Seltersweg über Menschenmengen flogen. Das war schon immer verboten und solche Typen bringen alle Piloten in Verruf.
Grundvoraussetzung für alle ist: Das Gerät muss versichert sein und mit einer feuerfesten Plakette ausgestattet.
Vor jedem Flug geht jeder verantwortliche Pilot mindestens folgende Checkliste durch:
- Der Kopter muss inspiziert werden auf mögliche Schäden oder sogar kleine Haarrisse.
- Über eine App der Deutschen Flugsicherung kann man von zu Hause überprüfen, ob im geplanten Einsatzgebiet der Flug möglich ist. Die App ist sehr hilfreich, aber sicherheitshalber sollte man auf den ICAO Luftfahrkarten nochmals nachsehen, bevor es wirklich los geht. Zudem gibt es manchmal temporäre Einschränkungen im Flugverkehr, die zu berücksichtigen sind.
- In einigen Gebieten geht der Flug gar nicht:
- Nicht höher als 100m.
- Über Wohngrundstücken nur mit Erlaubnis des Eigentümers. Straßen und Freiflächen sind aber erlaubt.
- 100 m Abstand zu Autobahnen, Eisenbahnlinien, Bundeswasserstraßen (Lahn), Bahnanlagen, Sicherheitsbehörden (in Gießen z.B. Polizei, Justiz, BND), Industrieanlagen, Menschenansammlungen, Unglücksorten
- Direkt vor dem Flug sollte der Kompass kalibriert werden und ein Blick auf den KP Index verrät, wie stark die Sonnenaktivität derzeit ist und ob GPS Störungen zu erwarten sind. Mit einem Windmesser kann man zwar in Erfahrung bringen, wie stark der Wind am Boden ist, aber man sollte nicht unterschätzen, dass in den 100m Höhe über einem Berg durchaus stärkere Böen auftreten können als am Boden.
- Der Flug ist immer nur in Sichtweite durchzuführen. Über die DFS App kann man zudem den Quadcopteraufstieg anmelden. Moderne Kopter haben zwar GPS und Abstandssensoren sowie eine Return to Home Funktion, so dass das Gerät beim Abbruch der Verbindung selbständig auf eine vordefinierte Höhe ansteigt, nach Hause fliegt und landet. Es kann jedoch immer mal vorkommen, dass das GPS Signal plötzlich weg ist, dann „weiß“ der Kopter nicht wo er ist und man muss das Gerät manuell steuern. Wenn man hier nicht in Sichtweite fliegt, ist das so, als würde man am KFZ Steuer sitzen und nicht auf den Verkehr achten. Man setzt sich und andere unnötigen Gefahren aus.
- Die Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte sind zu achten. Allerdings sind bei Flughöhen von 100m Menschen nur noch als Bildpunkte wahrnehmbar, was durch den Weitwinkel und die kleinen Sensoren technisch bedingt ist. Bereits ab wenigen Metern Höhe ist ein Gesicht nicht mehr zu erkennen. Zur Illustration habe ich hierbei zwei Bilder angehängt.
- Die tatsächlichen Schritte sind übrigens noch deutlich umfangreicher:
Wurden Sie schon kritisiert für die Nutzung (vielleicht sogar während des Fliegens?)
Ich bekomme immer wieder dieselben Fragen (siehe Bild mit dem T-Shirt). Es überwiegt die Neugier und die Menschen möchten manchmal auch skeptisch einen Blick auf meinen Bildschirm werfen. Wenn sie von dort die Aufnahmen sehen, ist die Skepsis rasch weg und weicht Begeisterung. Die Menschen fürchten sich vor dem, was sie nicht kennen. In Texas bin ich mal direkt unter dem Auge des Gesetzes an der Grenze eines Parks geflogen. Wir waren dutzende Kilometer entfernt von der nächsten Stadt und die Straße ging über weite Strecken gerade aus durch die Prärie. Alle paar Kilometer gab es auch mal eine Farm. Plötzlich kam der lokale Sheriff und monierte, dass ich mein Fahrzeug in einem Parkverbot geparkt habe und es unbedingt gegenüber auf der anderen Straßenseite parken müsse. Ich musste also landen und umparken. Er blieb während des ganzen Fluges neben mir stehen und achtete darauf, dass ich nicht in die Flugverbotszone um den Park hineinfliege.
Während eines Porträts mit der Hessenschau wurde ich von dem verantwortlichen Redakteur ermuntert, weiter zu fliegen als vorgesehen, weil er eine schöne Aufnahme von Gießen haben wollte. Anhand dieser Ermunterung / Kritik sieht man, dass der Anspruch auf Ästhetik von Auftraggebern sich von dem, was erlaubt ist, leider unterscheidet.
Dazu zwei total gegensätzliche, aber doch zueinander passende Anekdoten aus der Wetterau. Beide Flüge waren seinerzeit von allen nötigen Stellen genehmigt. Bei einer Sehenswürdigkeit lag mir die schriftliche Einwilligung des Besitzers vor. Als ich den Überflug machte, kam ein Angestellter wütend auf mich zu und meinte, wenn ich die Sehenswürdigkeit umfliege und ins Netz stelle, würde zukünftig niemand mehr Eintritt bezahlen und er seinen Job verlieren.
Als ich eine andere Sehenswürdigkeit umflog, kam eine Anwohnerin entnervt auf mich zu und meinte, wenn ich die Sehenswürdigkeit umfliege, kommen zukünftig nur mehr Menschen, um das mit eigenen Augen zu sehen. Sie wollte aber nur in Frieden dort wohnen und in Ruhe gelassen werden.
3D-Mapping.
Archäologen, Inspektoren, Bauingenieure, Makler nutzen 3d Mapping mit Drohnen und haben mich auch schon drauf angesprochen.
Folgendes Model habe ich mit freundlicher Genehmigung der Universität Marburg angefertigt:
https://site.altizure.com/project/560d447f2531297004c06b58/model
Die folgende alte Aufnahme aus dem Jahr 2014 ist so heute nicht mehr umzusetzen, da mittlerweile ja die Genehmigung jedes Hausbesitzers notwendig wäre. Damals war das Bauordnungsamt Gießen stark an solchen Projekten interessiert:
https://site.altizure.com/project/55ef35f900c376590813bd90/model
Insgesamt gesehen hat die sogenannte Drohnenrichtlinie innovationshemmend gewirkt. Während in anderen Ländern ein Dienstleistungssegment rund um Luftaufnahmen entstand (z.B. Dronebase in den USA), ist man in Deutschland von der Entwicklung von Markplätzen für Luftaufnahmen abgerückt.
Oder sind Sie vielleicht sogar in einem "Verein" oder ähnliches, in dem diese Dinge auch besprochen werden?
Nein, ich bin nur in sozialen Medien aktiv, wo es zum einen um die rechtlichen Fragen und zum anderen um bestimmte Quadcoptertypen geht. Es gibt aber tatsächlich einen Verband, der zunehmend an Gewicht gewinnt.
Einige Tage später bekam ich in einer weiteren Fragerunde kritische Anmerkungen mit der Bitte um Stellungnahme. Diese habe ich auch etwas ausführlicher hier beantwortet.
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