Es kam im Rahmen des schriftlichen Interviews mit dem Giessener Anzeiger eine weitere Nachfragerunde:
Was sagen Sie zu folgenden kritischen Punkten:
Drohnen bei Jugendlichen und Kindern?
Hierbei möchte ich anmerken, dass ich in Gießen auch Politikwissenschaft studiert habe und mich im Rahmen des Studiums mit Videospielen und später auch bei den Piraten mit den sogenannten Killerspielen auseinandergesetzt habe. Quadcopter werden als Spielzeug verkauft. Hilfreich wäre es sicherlich, wenn ein deutlich zu erkennender Beipackzettel beiliegen würde, der die Grundregeln kurz darlegt. Mein Gewinn beim Wettbewerb wird aufgrund des geringen Gewichts und der damit verbundenen niedrigen kinetischen Energie so z.B. auch in Österreich in die Kategorie Spielzeug (eine offizielle Einstufung als Spielzeug gibt es nicht, aber das ergibt sich aus dem Limit von 79 Joule) eingestuft und ich kann dort bis zu einer Höhe von 30 Metern ohne besondere behördliche Genehmigung fliegen. Quadcopter sind jedoch meiner Auffassung nach kein Spielzeug, das man unbeaufsichtigt in Kinderhände geben sollte. Hier ist der gesunde Menschenverstand gefragt. Der Umgang mit Quadcoptern fördert Feinmotorik und dreidimensionales Vorstellungsvermögen! Ironischerweise ist es so, dass Kinder mit den höhenwertigen Modellen gut umgehen können, da diese gut abgesichert sind, dies aber aus versicherungsrechtlichen Gründen so gut wie nie geschieht. Zudem sollte ein Rotorschutz verwendet werden. Mit dem Tello Quadcopter kann man zudem noch das Programmierverständnis von Kindern stärken oder aufbauen, eine Kompetenz die in unseren Lehrplänen keinen Eingang gefunden hat, aber angesichts der Digitalisierung absolut notwendig ist. Für mich ergibt sich aus der Problematik die Idee eines Kinderflugscheins, wo wie es etwa den Webführerschein für Kinder gab.
Weiterhin werden technische Kenntnisse, Grundlagen der Aerodynamik und Physik, Funktechnik, geordnetes Abarbeiten von sicherheitsrelevanten Checklisten und vieles mehr vermittelt, welches in anderen Feldern angewendet werden kann.
Ähnlich ließe sich wahrscheinlich auch die Verquickung von Quadcopterfliegen mit „Serious Games“ thematisieren. Erlernte Kompetenzen lassen sich auf andere Felder transferieren. Ein Beispiel für Serious Games: Chirurgen, die Videospiele spielen, operieren besser. Sie machen 37% weniger Fehler und sind 27 % schneller als diejenigen, die noch nie Videospiele gespielt hatten.
- , dass es verboten ist, über viele Burgen in Gießen zu fahren?
In Gießen selbst gibt es keine Burgen und ich würde mit einer Drohne auch nicht drüberfahren, da ist ein Rasenmäher günstiger. ;-)
Über einem Wohngrundstück ist der Überflug mit einem Kopter ohne Erlaubnis des Inhabers nicht gestattet. Manche der Aufnahmen, die ich beim Wettbewerb einreichte wurden z.B. vor der sogenannten Drohnenverordnung mit allen notwendigen Bewilligungen durchgeführt (inklusive Aufstiegsgenehmigung des Regierungspräsidiums) sind aber 2018 so nicht mehr durchführbar. Hier findet meiner Auffassung nach ein unzulässiger Eingriff in die Freiheit der Kopterpiloten statt. Wie bei allem werden sich die Bürger auch an das gewöhnen, wie der Frosch und das kalte und heiße Wasser:
- , dass sich viele Hobby-Piloten nicht an das Flugverbot halten/ sich nicht informieren?
Ein Bashing seitens der Medien ist hier leider nicht hilfreich, denn es dient nur dazu, Piloten zu verteufeln und klärt nicht auf.
Dadurch nimmt die Hetze, insbesondere gegen gesetzestreue und professionelle Piloten, durch die Bürger heftig zu.
Wer sich verteufelt fühlt, kapselt sich ab und ist tendenziell weniger willens, Einsicht zu zeigen.
Aber wir sollten auch dankbar sein, denn die öffentliche Stimme sorgt im Moment für Awareness und erhöht den Druck auf die Piloten, sich an die Gesetze zu halten. Irgendwann wird das Interesse der Medien abflachen, weil entweder die Gesetze angepasst werden und/oder die Sicherheitskonzepte der Drohnenhersteller greifen.
- , dass sie herunterfallen können und Menschen/ Tiere/ Denkmäler gefährden?
Quadcopter dürfen anders als Segelflugzeuge nicht über Wohngrundstücken ohne die Einwilligung der Eigentümer oder Nutzungsberechtigten fliegen. Lärm-, natur- und persönlichkeits- sowie datenschutzrechtliche Vorgaben des Gesetzgebers müssen von den Quadkopterpiloten eingehalten werden. Es ist sicherlich zu begrüßen, wenn Kopter immer leiser werden. Die Hersteller arbeiten daran.
Aus einem Segelflugzeug ließe sich mit einem Objektiv hoher Brennweite übrigens deutlich bessere Aufnahmen als mit dem Weitwinkelobjektiv eines Quadcopters anfertigen. Hier sind bei weitem größere Eingriffe in die Privatsphäre möglich. Ich kann mich nicht entsinnen, dass diese Möglichkeit der Verletzung von Privatsphäre thematisiert wurde, denn Segelflugzeuge sind beliebt.
So wie wir es dank immer besser werdenden Handycameras in den letzten 15 Jahren erlebten, erfahren wir durch Quadcopter und die kleinen 360 Grad Kameras eine weitergehende Demokratisierung des Bildes und des virtuellen Raumes. Plötzlich ist es nicht mehr den institutionalisierten Medien vorbehalten, qualitativ hochwertige Aufnahmen anzufertigen und an ein Massenpublikum zu senden. Jeder ist nach der Brecht’schen Radiotheorie nun in der Lage zum Sender zu werden. Im Bereich der 360 Grad Aufnahmen werden die institutionalisieren Medien vollkommen überrannt, weil ihnen das grundlegende Verständnis fehlt. Einzig die BBC und CNN sind in dem Feld aktiv und Vorreiter. Im deutschsprachigen Bereich herrscht gähnende Leere.
- , dass sich Touristen belästigt fühlen können? Sind Sie genervt von der ewigen Kritik oder ist es mittlerweile normal? Wird es mehr oder weniger?
Wir Deutschen sind Weltmeister im Beschweren, aber bringen nur selten konstruktive Ideen ein. Wer einen Beschwerdegrund finden möchte, macht dies auch. Aufgrund der hanebüchenen panikgenerierenden Berichterstattung in den Medien nimmt dies eher zu als ab.
Wenn sich jemand belästigt fühlt, ist es egal ob Touristen oder Anwohner sich belästigt fühlen. Bevor hier ein Interessenausgleich hergestellt werden kann, muss ein gegenseitiges Verständnis entstehen, das hier offensichtlich v.a. aufgrund der überwiegend negativen Berichterstattung nicht hergestellt ist.
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